Familie ist ein Beziehungsnetz, das es zu pflegen gilt – nicht nur zwischen den Eltern und Kindern, sondern auch zwischen dem Paar. Mit lokal und international renommierten Fachleuten hat der Katholische Familienverband Südtirol in Zusammenarbeit mit dem Rittner Haus der Familie am Freitag, 8. und Samstag, 9. Oktober anlässlich seines 55-jährigen Bestehens den zehnten Jubiläums-Familienkongress organisiert. Er stand unter dem Motto „Beziehungsnetz Familie“. 50 Erwachsene und 42 Kinder und Jugendliche nahmen teil.
Den Auftakt machte am Freitag nach der Begrüßung von KFS-Präsidentin Angelika Weichsel Mitterrutzner und dem Präsidenten des Hauses der Familie Heiner Oberrauch der promovierte Diplom-Psychologe Thomas Fuchs aus Schwäbisch Gmünd. Er stellte sein Referat unter den Titel „Wie überlebe ich diese Familie?“. Alle Kinder müssten eine Chance auf Glück haben, betonte er. Kinder seien nicht dazu da, um die Eltern glücklich zu machen. Es brauche wenige faire, positive und klar formulierte Regeln. Auf ihn folgte die Erziehungswissenschaftlerin und Kinderphilosophin Doris Daurer aus Innsbruck. Der Titel ihres Referates lautete „Umgang mit herausfordernden Gefühlen“. Herausfordernde Gefühle gehörten wie Sonne und Nacht zum Leben, betonte die Referentin. So wie eine Pflanze Sonnenschein, Regen oder Sturm brauche, so würden Menschen gute und herausfordernde Gefühle benötigen. Insbesondere an letzteren könne jede und jeder wachsen.
Am heutigen Samstag referierte die Autorin und Rednerin Felicitas Richter aus der Nähe von Berlin auf den Ritten. Mit „Schluss mit dem Spagat“ betitelte Felicitas Richter ihr Referat. Wer Beruf, Familie, Kinder, Pflege und Freizeitaktivitäten unter einen Hut bringen möchte, hat es nicht einfach, sagt die Referentin, selbst Mutter von vier Kindern. Der Wunsch, sowohl bei der Arbeit als auch in der Familie das Beste zu geben, zehre an Zeit- und Energiereserven, manchmal bis zur totalen Erschöpfung. Felicitas Richter fragte zum Beispiel: „Man arbeitet und arbeitet und wartet auf das Vergnügen. Wie aber schaffen wir es, dass Arbeit und Vergnügen gleichzeitig geschieht?“ Wir können Stress nicht ausschalten, sagte sie, „aber wir entscheiden, ob Stress unser Leben bestimmt.“ Sie riet: „Nehmen Sie sich 30 Sekunden Auszeit vom Alltag. Atmen Sie durch. Dann haben Sie wieder den Fokus, auf andere einzugehen.“ Und abschließend riet sie allen Eltern, sich bewusst Zeit für sich zu nehmen. „Tragen Sie in Ihrem Kalender Termine für sich ein.“
Vom Paar bleiben trotz Eltern-Werdens sprach die österreichische Erziehungs- und Bildungswissenschaftlerin Iris van den Hoeven. Frischgebackene Eltern würden oft von der Durchschlagskraft der alltäglichen Herausforderungen überrascht, sagte sie. Nach einer Auseinandersetzung mit den Ansprüchen, die Elternschaft für eine Beziehung mit sich bringen kann und den möglichen Auswirkungen verklärter Mythen, befasste sie sich bei ihrem Vortrag auch mit der Bedeutung der elterlichen Beziehung für die kindliche Entwicklung. Iris van den Hoeven betonte: „Kinder entwickeln sich lustvoller und freier, wenn sie nicht die Bürde auf ihren Schultern tragen, Mamas und Papas einziger Lebensinhalt zu sein.“
Zwischen den Vorträgen fanden Workshops mit Astrid Fleischmann, Rita Schwingshackl, Johanna Brunner und Hannes Waldner statt. Mehr als 50 Erwachsene und 42 Kindern nahmen an dem zweitägigen KFS-Familienkongress im Haus der Familie teil.