Liebes Beratungsteam,
unser Sohn hat heuer die Schule beendet und tritt in Kürze seinen ersten fixen Arbeitsplatz an. Wir haben deshalb vereinbart, dass er ab Jänner Kostgeld abgibt. Wir sind darauf nicht angewiesen, sondern möchten es aus pädagogischen Gründen. Deshalb geht das Geld auch direkt auf ein Sparbuch, das er dann im Falle eines Auszuges von uns zurückbekommt (was wir ihm aber natürlich nicht sagen). Können Sie mir sagen, ob es da bestimmte Vorgaben gibt, wieviel wir von ihm verlangen können? Unsere monatlichen Fixspesen liegen bei ca. 750,00€.
Liebe Mutter,
Ihre Frage ist berechtigt und wichtig. In dieser Beziehung hat sich in den letzten Jahrzehnten auch sehr viel verändert. War es in den 70er und 80er Jahren üblich, dass man zu Hause Geld abgeben musste, wenn man begann etwas zu verdienen, so gehen viele Jugendliche heute davon aus, dass sie das ganze Geld für sich behalten können. Dies ist sicherlich keine gute Entwicklung, da die Jugendlichen zu lange im Glauben bleiben, dass die ständige Hilfe und der Schutz der Eltern das „normale“ Leben darstellen, und sie weniger die Möglichkeit haben, sich mit den Problemen und Hindernissen der Welt tatsächlich auseinander zu setzen.
Wenn Sie nicht auf das Geld angewiesen sind und sie aus pädagogischen Gründen diesen Schritt gerne machen möchten, so ist es sicher nicht sinnvoll eine betriebswirtschaftliche Rechnung zu machen, wie viel ein Kind kostet. Dies kann Ihr Sohn mal alleine machen, wenn es ihn interessiert. Spätestens wenn er selbst Kinder hat, wird er es verstehen. Der Maßstab, den sie anlegen sollten, ist die Frage, wie viel Geld er verdient, und wie viel sie denken, dass angemessen ist, was ihm verbleibt. Das was ihm verbleibt, sollte sicherlich deutlich mehr sein, als das bisherige Taschengeld, denn dies ist Teil der Befriedigung, die das Arbeiten mit sich bringt, und es ist Teil der Motivation. Die neuen Möglichkeiten, die er so mit dem Geld hat, fördert sicher sein Gefühl von Autonomie, das er auch entwickeln darf und muss. Dass er dabei trotzdem noch merkt, dass er wählen muss, was er sich kauft, und er nicht alles kaufen kann, wonach ihm ist, liegt in der Sache selbst, und er wird es alsbald merken.
Aus meiner Sicht können Sie das Ganze mit ihm aber ganz offen besprechen. Sie können ihm durchaus sagen, dass es früher normal war, dass man sich an den Kosten der Familie beteiligt hat, dass er Glück hat, dass er dies nicht muss, aber, dass sie das Geld für ihn zurücklegen möchten, sodass er, wenn er einmal auszieht ein kleines Startkapital hat. Sie können ihm auch sagen, dass Sie dies auch in seinem Sinne für richtig halten, auch wenn nicht alle Eltern seiner Kollegen, dies so handhaben. Sie sind damit selbst so eine Art Hindernis, das ihm die Welt bereithält. In Zukunft wird es solche noch viele geben, und es wird ihn reifen lassen.
Was die Höhe angeht, so gibt es dafür leider keine allgemeingültigen Tabellen oder Richtwerte, und es ist tatsächlich die Frage, wie viel er verdient. Orientierungsmäßig würde ich ihm ½ - 2/3 lassen (da gehe ich von einem mittleren Lehrlingsgehalt aus). Was er dann Ihnen gibt, entspricht sicher nicht den Kosten. Aber es ist eine schöne Summe, die ihn heute einerseits einschränkt, und mit der er in Zukunft, wenn etwas angespart ist auch etwas anfangen kann. Das, was ihm bleibt ist ebenfalls eine schöne Summe, mit der er erst mal lernen muss zu wirtschaften. Ich würde mit ihm auch besprechen, was er damit nun selbst zu finanzieren hat.
Herzliche Grüße,
Stefan Eikemann (Psychologe am Elterntelefon)